Mit dem richtigen Prozess-Knowhow den Kunden und Interessenten wertvolle Zeit sparen
Der Online-Vertrieb für Komponenten der Automatisierungstechnik basiert in der Regel auf Online-Produktkatalogen und Kontakt zum technischen Verkauf. Angesichts der Vielzahl von Produkteigenschaften, Produktbeziehungen und Applikationen ist es jedoch nicht mehr ausreichend, einfach die Produkte online darzustellen. Innovative Hersteller präsentieren ihre Produkte im Kontext ihrer Anwendung und erleichtern die Suche durch den Einsatz intelligenter Filteroptionen. Ein PIM und eine performante Content-&-Commerce-Software erlaubt die dafür nötige saubere Darstellung und im Zusammenspiel mit ERP und CRM flexible sowie meist kundenspezifische Preisberechnungen und Bestellungsvorgänge.
Mehrstufiger B2B-Vertrieb online unterscheidet sich grundlegend vom B2C-Ansatz: B2B Hersteller stellen auf ihren Websites in der Regel einen Online-Produktkatalog zur Verfügung. Bestandskunden mit Rahmenvertrag und entsprechenden Individualpreisen kaufen über das angeschlossene Commerce-System ein: Der Kunde recherchiert und wählt also Produkte im Katalog aus, loggt sich dann ggf. ins Shop-System ein, wo seine Preise berechnet werden, legt die Wunschprodukte in den Warenkorb und bestellt.
Über die Website im B2B-Sales werden also nicht in erster Linie Neukunden generiert; es geht nicht darum, um jeden Preis zu verkaufen: Mit den Bestandskunden besteht eine Vertragspartnerschaft und mit Umsatz ist in der Regel zu rechnen. Im Fokus der Anbieter muss daher das Bestreben stehen, die Kundenprozesse besser zu verstehen und zu unterstützen, um ihnen Zeit zu ersparen. Etwa, wenn der Kunde für die Bestellung nicht mehr viel recherchieren muss, weil er alle notwendigen Informationen schnell und unkompliziert erhält und den Kauf schneller abwickeln kann – auch ohne Beratung durch den technischen Innendienst. Die notwendigen Informationen stehen über die Website idealerweise rund um die Uhr zur Verfügung.
Komponenten von Automationstechnik online vertreiben
Für den B2B-Sales von Komponenten industrieller Automationstechnik für Maschinen oder Produktionsanlagen gelten noch speziellere Anforderungen. Nicht nur gibt es eine Vielzahl zum Beispiel an mechanischen, elektronischen, pneumatischen und hydraulischen Komponenten, die in verschiedensten Produkten für unterschiedliche Branchen verbaut werden und zum Einsatz kommen können – seien es Sensoren, Schalter oder Lichtschranken. Sondern es kommt auch hinzu, dass eine Vielzahl von Produkten für ein und dieselbe Aufgabe existiert: Dabei geht es zum Beispiel um die Erkennung von Abmessungen, Material oder Gewicht – die Informationen lösen wiederum an der Maschine Prozesse aus, etwa, dass ein Teil zu Ausschuss wird. Außerdem kann ein einzelnes Produkt leicht in 100 Varianten verfügbar sein, während die Unterschiede in spezifischen Details oder technischen Daten äußerst gering ausfallen – etwa die Schaltabstände in Intervallen von einem Millimeter.
Produkte im Anwendungskontext darstellen
Angesichts der Produktvielfalt und ihrer schieren Menge reicht es also nicht mehr aus, lediglich die Produktarten darzustellen. Anbieter sollten vielmehr herausstellen und ersichtlich werden lassen, welches Teil für welche Aufgabenstellung, Branche und Applikation herangezogen werden kann.
So entwickelt bspw. die SICK AG Sensorlösungen für die Automatisierung in Produktion, Logistik und Prozessen und nutzt auf ihrer Website die Kategorien wie
· „Aufgabenstellung – Detektieren, Identifizieren, Messen oder Überwachen“
· Fokusthemen wie „Industrie 4.0“
· sowie „Branchen und Märkte“, etwa „Automobil“, „Grundstoffe“ oder „Konsumgüter“.
SICK hat sich für den Vertrieb seiner Produkte also im Detail mit den Branchen und typischen Aufgabenstellungen der typischen Kunden und Interessenten auseinandergesetzt. Dieses Beziehungswissen um Teile und ihre konkreten Einsatzbereiche ist entscheidend, um tief in die Themenbereiche einzusteigen und passende Produkte für konkrete, teils auch spezielle Anwendungssituationen zu präsentieren. Zwischen einem Teil, seinen Aufgaben, Branchen sowie Themen und Trends existiert eine hohe Anzahl von Relationen. Die Herausforderung besteht darin, dieses Branchen-Applikationswissen in ein Datenmodell zu übertragen und mit Produkten zu verknüpfen.
PIM-System und Content- und Commerce-System
Für die Auswahl geeigneter Lösungen im Online-Kanal müssen die zahllosen Produktvarianten, -eigenschaften und -relationen in einem PIM-System abgebildet werden. Dafür werden multidimensional Produktgruppen, Produkte und Varianten verknüpft. Über 1:1 Verknüpfungen oder mit Keywords lässt sich dies jedoch nicht mehr zufriedenstellend umsetzen – man benötigt also ein Product Experience Management-Datenmodell im PIM-System, das Produkte, Branchen, Referenzen, Anwendungen usw. als Objekte modelliert und miteinander verknüpft. Auch ergänzende Informationen, die nicht aus dem PIM kommen, sind wichtig: Redaktioneller Content aus dem CMS muss somit ebenfalls mit diesem Datenmodell verknüpft werden.
Usability und Performance mit Produktfiltern und Produktvergleich
Um diese technischen Produkte zu unterscheiden, sind detaillierte Informationen, Beschreibungen und technische Daten bzw. Dokumente notwendig. Oft sind Name und Optik der Produkte und Teile gleich und nur ein einziges Merkmal ist anders – dieses kann aber entscheidend für die Funktionsfähigkeit der späteren Komponente bzw. Maschine sein. Der Webkatalog des Anbieters muss diese Unterschiede für eine einfache Produktauswahl des Kunden schnell erkennbar machen. Das gelingt mit Filtern und Strukturen, indem z.B. Produktinformationen ein- und ausgeklappt werden können. Selektoren und Produktfinder ermöglichen es zudem, Produkte nach Serie, Auswertung, Innendurchmesser oder Schaltausgang zu filtern. Auch ein Vergleich der Details muss möglich sein. So wird die Masse der Informationen, die auch für ein kleines Teil schnell mehrere Seiten füllen kann, in nachvollziehbare Häppchen heruntergebrochen. Dadurch wird nicht nur die Übersichtlichkeit für den Kunden optimiert, sondern auch die grundsätzliche Usability des Online-Katalogs, da auf diese Weise die Ladezeiten verkürzt und die Performance verbessert werden kann – nur so entsteht durch optimale Product Experience die beste Customer Experience
Neben per se vielschichtigen Produkten mit zahlreichen Attributen gibt es weitere Herausforderungen: Prozesse zwischen Hersteller und Kunden können sehr speziell ausgestaltet sein. Die Software sollte in der Lage sein, diese als kundenindividuelle Features abzubilden: Insbesondere Funktionen wie Produktarchiv und Produktvorschläge oder Kategorien sind oft individualisiert. Ein offenes Framework erlaubt hier eine einfachere Anpassung und Erweiterung. Standardfunktionen erweisen sich für diese komplexen Anforderungen dagegen oft als unzureichend.
Für die di-soric-Unternehmensgruppe zum Beispiel, einem internationalen Hersteller im Bereich der industriellen Automation, sollten die Selektoren ihres Online-Teilekatalogs nicht nur für Produkte je einer Produktgruppe verwendet werden, sondern für jeweils mehrere mit entsprechenden Vorbelegungen je nach Absprungpunkt. Dies machte Anpassungen im Datenhandling erforderlich. Neben der klassischen Produkthierarchie und den Selektoren nach Produktmerkmalen wurde ein zusätzlicher Zugang zu der Produktwelt nach Applikationen geschaffen. di-soric nutzt aber auch die Standardfunktionen des Content-&-Commerce-Frameworks wie den Produktvergleich oder das Download-Center. Darin werden unter anderem Bedienungsanleitungen und Datenblätter zur Verfügung gestellt, damit Maschinenbauer und Konstrukteure, die dezidierten Einkäufer, Produktinformationen komfortabel finden und die Produktauswahl schneller treffen können.
Preisgestaltung und Echtzeitberechnung
Die Preisfindung im B2B-Vertrieb ist ebenfalls komplex. Kunden werden abhängig von Umsatz und Absatz eingestuft; Einkaufskonditionen und Rabatte hängen noch vor der Produktauswahl von verschiedenen Voraussetzungen ab. Dazu kommen Faktoren der aktuellen Bestellung im Warenkorb wie bspw. Mengenrabatte. Der Preis wird für jede Bestellung individuell berechnet – im Idealfall erfolgt dies durch das ERP-System auf Anfrage des Shopsystems als Echtzeitberechnung. Letzteres gibt Artikel- und Kundennummern sowie Warenkörbe in Listenform an das ERP und dieses liefert über eine bidirektionale Schnittstelle die Preise zurück. di-soric nutzt diese bidirektionale ERP-Schnittstelle für Preise und Bestellungen.
Ist das ERP zu langsam, kann eine Preisberechnungs-Engine auch Teil des Online-Shops sein. Das ist aber nachteilig, da nicht alle Bestellungen über den Shop eingehen – für die externe Preisfindung und Angebotserstellung sind dann zusätzliche Aufwände nötig.
Fazit
Zahlreiche Produktvariationen und umfangreiche Daten machen den B2B-Vertrieb von Teilen für die Automatisierungstechnik zu einer großen Herausforderung. Anbieter von Automatisierungstechnik benötigen zum einen performante und kompatible Systeme, um die Daten mit ihren hunderten Relationen sauber auszuspielen. Und zum anderen eine Produktpräsentation, die es ihren Kunden erlaubt, die benötigten Teile schnell und mit wenig Aufwand zu finden und kaufen zu können.
Autor: Alexander Pircher, Geschäftsführer und Principal Consultant bei der infolox GmbH