Von neuen Wegen und alten Pfaden
Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn steht von 2022 bis 2026 für rund 190.000 Unternehmen in Deutschland eine Nachfolge an. Das sind 27 Prozent mehr als in den fünf Jahren zuvor. Vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen – die in der Bundesrepublik rund 99 Prozent aller Betriebe repräsentieren – stellt die Unternehmensnachfolge zunehmend eine Herausforderung dar. Viele Übernahmen gehen nicht mehr familienintern vonstatten, sodass Alt-Inhaber und -Inhaberinnen anderweitig einen Betriebsnachfolger suchen. Andere Unternehmen berichten, dass die familiäre Unternehmensübertragung durch die Erbschaftssteuer gefährdet sei. Durch diese Umstände ist die Auswahl an Betrieben für eine externe Übernahme so groß wie nie zuvor. „Ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen stellt eine echte Alternative zur Neugründung dar und sollte von Personen, die sich selbstständig machen wollen, in jedem Fall auch in Betracht gezogen werden. Sie bietet einige Vorteile“, sagt Michaela Schenk, Geschäftsführerin und Inhaberin der MAWA GmbH. Sie selbst übernahm im Jahr 2007 das Unternehmen aus der Insolvenz und etablierte den Kleiderbügelhersteller als einen der weltweiten Marktführer in diesem Segment.
Vorteile durch vorhandenes Know-how
In den letzten Jahren verzeichnete die KfW-Bankengruppe immer weniger Neugründungen. Im Jahr 2019 stiegen die Existenzgründungen gegen den Trend zwar erstmals wieder an, doch ist dies auf die Nebenerwerbsgründungen zurückzuführen. Ausgelöst durch die Corona-Krise erwartet die KfW allerdings mehr Notgründungen und es gibt immer noch viele Menschen, die ihren Traum der Selbstständigkeit in jedem Fall verwirklichen wollen. „Bei einer Übernahme gibt es in der Regel ein bereits etabliertes Team, sodass häufig keine aufwendige und langwierige Personalsuche erfolgen muss, und oftmals auch bewährte Unternehmensstrukturen, die übernommen werden können. So müssen nicht erst Prozesse und Arbeitsabläufe etabliert werden. Doch gilt es alte Strukturen gleichzeitig auch zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Häufig lassen sich Prozesse durch neue Entwicklungen wie die digitale Transformation noch optimieren“, sagt Schenk und ergänzt: „Bei meiner Übernahme der MAWA arbeitete der Vertrieb zum Beispiel nur noch eingehende Aufträge ab, das Unternehmensmarketing stand zu dem Zeitpunkt hingegen im Hintergrund und musste erst wieder fokussiert werden.“
Zu den weiteren Vorteilen einer Unternehmensübernahme zählen außerdem noch die mögliche Übernahme der bestehenden Kunden sowie bereits am Markt erprobte Produkte und eine vorhandene Markenpräsenz. In einigen Fällen steht auch die ehemalige Geschäftsführerin oder der ehemalige Geschäftsführer beratend zur Seite. Zudem gestaltet sich die Finanzierung oft einfacher als bei einer Neugründung, da Banken bewährte Geschäftsmodelle positiver bewerten. Teilweise beteiligen sich die vorherigen Unternehmenseigentümer auch als Investor, da sie das Firmenpotenzial gut einschätzen können.
Bereicherung trotz Herausforderungen bei Unternehmensübernahme
Nicht selten haben Alt-Inhaberinnen und -Inhaber jedoch Schwierigkeiten, von ihrem Lebenswerk emotional loszulassen. Zu Beginn der Verhandlungen fordern sie häufig einen überhöhten Kaufpreis, da sie auch die jahrelang geleisteten Mühen und den persönlichen Einsatz einberechnen. Die hohen Anfangsinvestitionen sowie die unmittelbare Rolle als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer können Unternehmerinnen und Unternehmer deshalb vor allem in der Startphase vor Herausforderungen stellen. Sie haben selten Zeit, sich langsam in die Funktion einer Führungsperson hineinzufinden. „Leitet man ein Unternehmen und ist für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich, gibt es immer wieder herausfordernde Phasen, die bewältigt werden müssen.
Trotzdem rate ich jedem, der sich selbstständig machen möchte, diesen Schritt zu wagen. Vor allem Frauen sollten viel häufiger über eine Unternehmensübernahme oder auch Neugründung nachdenken. Es gibt immer noch weniger selbstständige Frauen als Männer in Deutschland, doch für Unternehmen und auch den Markt insgesamt kann es bereichernd sein, mehr Geschäftsführerinnen und weibliche Führungskräfte zu haben. Denn Frauen führen anders als Männer“, so Schenk. Laut einer Studie des Verbands deutscher Unternehmerinnen setzen Frauen zum Beispiel mehr auf Kreativität und Teamfähigkeit und priorisieren häufiger intensive Kundenbindungen, gute Beziehungen zu den Mitarbeitern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Quelle Pressemeldung von www.mawa.de