Die vierte industrielle Revolution – Industrie 4.0
Wer international am Ball bleiben will, muss sich verändern. Daraus ergibt sich langfristig auch der Abschied der Fließband-orientierten Serienfertigung von Automobilen. Aus dem Build-to-Forcast (BTF) Prinzip wird das Build-to-Order (BTO) Prinzip und das 1902 von Toyoda Sakichi veröffentlichte Produktionssystem, dass weltweit Standard für den Bau eines Automobils ist, unterliegt derzeit großen Veränderungen – der Industrie 4.0.
Während die drei Säulen
- bedarfsgerechte Anlieferung von Einzelteilen und Baugruppen nach dem „Just-in-Time“ Prinzip
- der geschlossene Regelkreis mit automatischer Verbrauchs- und Bedarfsmeldung nach dem „Kanban-Prinzip“
- und der kontinuierliche Verbesserungsprozess nach „Kaizen“
die Mutter aller Normen waren, wird die Standardlösung immer häufiger von ihren Anwendern infrage gestellt oder zumindest überarbeitet.
Die Beispiele der führenden deutschen Automobilbauer setzen das Zeichen deutlich auf flexible Produktion von individuell konfigurierten Fahrzeugen und sind damit richtungsweisend für eine ganze Branche nebst Zulieferern.
Wo stehen die deutschen Autobauer und ihre Zulieferer in Sachen Digitalisierung?
Audi hat das Fließband für die Fertigung des neuen Sportwagenmodells R8 am Standort Neckarsulm durch modulare Montageinsel ersetzt. An denen arbeiten die Mitarbeiter die Fertigungslisten ab und gegen die fertige Baugruppe nach der Individualisierung wieder in die Serienproduktion.
Bei BMW gibt jetzt der Kunde den Takt der Produktion an und das eigens entwickelte Porsche Produktions-System ist wertschöpfungsorientiert. Die ISO-Normen wurden aufrecht gehalten, jedoch durch weiterentwickelte Lean Production Prinzipien und die sogenannten „Null-Fehler-Qualität“ ergänzt.
Als Folge dessen wurden beim bayerischen Vorzeigeunternehmen die Durchlaufzeiten in der Produktion erheblich reduziert.
Auch beim Premium Autobauer Porsche stehen die Signale auf bedarfsgerechte Fertigung. Das Porsche Produktions-System PPS hatte zur Folge, dass heute nur noch 20 % der benötigten Teile für ein Fahrzeug im eigenen Namen gefertigt werden. Damit kann der Unternehmen extrem flexibel auf Bedarf und Absatz seiner Kunden reagieren.
Die Daimler AG konzentriert sich ebenfalls auf eine schlanke Produktion, um die Wünsche ihrer Kunden besser und vor allem individueller umsetzen zu können. Das konzerninterne Mercedes Produktions-System MPS ist ein Hybrid aus Fließbandfertigung und Teamarbeit. Dabei sind nur kleine Inhalte mit exakten Zeitvorgaben an den Robotern vorgesehen und die Mitarbeiter erhalten dementsprechend einen größeren Zeitintervall für die bedarfsgerechte Anpassung der Bauteile an die Kundenbestellung. Experten sprechend davon, dass hier das Fließband den Takt für die Gruppenarbeit vorgibt.
Beim Multimarken-Konzern Volkswagen ist man sicher mit der ganzheitlichen Standardisierungsstrategie und einem hohen Anteil an sichtbarer Individualisierung den Weg ins digitale Zeitalter bestreiten zu können. Dabei werden die Grundsätze von Zusammenarbeit, Standardisierung und Modularisierung für das markenübergreifende Baukastensystem eingesetzt. Es gibt eine Plattform, auf der mehrere Fahrzeugmodelle basieren. Jedes Modell kann dann individuell angepasst und zusammengebaut werden. Man verabschiedet sich damit von der Stückzahl-geprägten Serienfertigung und geht hin zu modularen Fertigungseinheiten mit der Möglichkeit, die Stückzahl jederzeit ausgesprochen flexibel an den Absatz anzupassen.
Bei den Zulieferern hat man längst auf die individuellen Produktions-Planungs-Systeme der Autobauer reagiert und ebenfalls Veränderungen bei den vollautomatischen Fertigungsabläufen eingeführt. Bei der Robert Bosch GmbH, dem weltweit größten Automobilbauer, steht die hohe Flexibilität im Zentrum der Produktion. Dafür werden digitale Vernetzungswege, zeitnahe Lieferfrequenzen und kurze Wiederbeschaffungszeiten entwickelt. Die Fertigungskompetenz hat sich damit deutlich gesteigert und das sicher auf Dauer auch die weit über 400.000 Arbeitsplätze, die das Unternehmen hat.
Auch Magna, der fünftgrößte Zulieferer weltweit, ist von den Entwicklungen betroffen und präsentierte jüngst sein hauseigenes Produktions-System. Neben den klassischen Bausteinen wie Kanban und Kaizen werden die Materialtransporte jetzt durch digitale Leitsysteme gesteuert und vor allem priorisiert. Das führt zu kurzen Durchlaufzeiten und höheren Verfügbarkeiten und damit letztendlich zu geringeren Pufferflächen in der Produktion.
Industrie 4.0 – Digitalisierung bringt Veränderungen für die gesamte Branche mit
Die deutsche Automobilindustrie wandelt sich unter dem Aspekt von digitalisierten Lösungen in Kombination mit dem neuen Mobilitätsverständnis der Endkunden von einem reinen Autobauer zu einem Dienstleistungsanbieter mit hoher Flexibilität. Branchenübergreifende Applikationsmöglichkeiten werden aufgegriffen und Produktionsmethoden zunehmend digitalisiert. Deutsche Automobilbauer sind aufgerufen Mehrwerte für ihre Kunden zu schaffen und sich dem Thema kryptografischer Kommunikationslösungen intensiv zu widmen.