Mit neuartiger Zertifizierung den Anforderungen gerecht werden
Die Rechenzentren sind das Rückgrat der Digitalisierung. Denn ohne leistungsfähige Rechenzentren lassen sich die Ziele zur effizienten und zukunftswirksamen Digitalisierung von Wirtschaft, Bildung und öffentlicher Verwaltung kaum erreichen. Da die Rechen- und Speicherleistungen im privaten und kommerziellen Rahmen in Deutschland rasant ansteigen, entwickeln sich Rechenzentren daher zunehmend dynamisch. So gibt es aktuell über 50.000 solcher Schnittstellen – darunter 3.000 sehr große Rechenzentren. Die Tendenz ist weiter steigend. So soll sich die Anzahl im Zeitraum von 2021 bis 2025 um über 20 Prozent erhöhen. Das bedeutet andererseits auch, dass der Energieverbrauch für solche Zentren weiter ansteigt. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wurde allerdings festgehalten, dass die Potenziale der Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit genutzt werden müssen. Rechenzentren in Deutschland sollen daher bis zum Jahr 2027 klimaneutral arbeiten und müssen dafür die entsprechenden Nachweise erbringen. Die Betreiber stehen darum vor großen Herausforderungen. Helfen kann hierbei die Zertifizierung „SDC Sustainable Data Center“, wie sie von TÜV Rheinland angeboten wird.
Kaum ein Bereich entwickelt sich so rasant wie die Digitalisierung, da sich moderne und schnelle Datenverarbeitung und -speicherung durch alle Bereiche des Wirtschaftslebens und den Privatbereich ziehen. Allerdings stößt die bestehende Rechenzentrums-Infrastruktur immer mehr an ihre Grenzen, sodass aufgrund der gestiegenen Nachfrage ein Ausbau unumgänglich ist. Das aber hat einen erhöhten Energiebedarf zur Folge. Dieser Anstieg ist auch in Zukunft zu erwarten, trotz der Tatsache, dass sich die Zahl der Workloads, die Rechenzentren erbringen können, seit 2010 bereits verfünffacht hat. „Dabei muss man die Leistung von Rechenzentren von zwei Seiten betrachten. Sie sind zwar überaus energieintensiv, helfen aber in anderen Bereichen, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen“, führt Olaf Seiche, Prokurist bei TÜV Rheinland aus. Zusammen mit dem Kölner Unternehmen High Knowledge hat der TÜV Rheinland die Nachhaltigkeitszertifizierung für Rechenzentren „SDC Sustainable Data Center“ entwickelt, um Rechenzentren einen nachhaltigen Betrieb bestätigen zu können.
„In Rechenzentren laufen eine Vielzahl an digitalen Anwendungen, die dafür die notwendigen Voraussetzungen schaffen, dass in vielen anderen Bereichen die Nachhaltigkeitsziele umgesetzt werden“, unterstreicht Harry Knopf, Geschäftsführer von High Knowledge. Das Unternehmen hat sich als innovativer Lösungsentwickler vor allem auf die nachhaltige Rechenzentrumsplanung mit Klimaneutralität als Ziel spezialisiert. So ermöglichen bestimmte laufende Anwendungen Einsparungen an Energie und Treibhausgasemissionen in nahezu allen Lebens- und Arbeitsbereichen. Dadurch wird eine ressourcenschonende Industrialisierung unterstützt und Innovationen werden gefördert. Rechenzentren sind somit ein essenzieller Teil einer widerstandsfähigen Infrastruktur.
Einheitliche Basis für eine Zertifizierung
Rechenzentren sind also nicht nur tragende Säulen der Digitalisierung, sondern auch ein treibender Motor der Wirtschaft und ihrer Nachhaltigkeit. „Um der wichtigen Stellung der Rechenzentren gerecht zu werden, ist es unerlässlich, sie energieeffizient und klimafreundlich zu betreiben und zu errichten“, sagt Seiche. So sollte schon im Vorfeld genau analysiert werden, welche Potenziale zur Effizienzhebung bestehen. Weiter gilt es, den Strom für den Betrieb von Rechenzentren so klimafreundlich wie möglich zu produzieren. Die Anforderungen an den klimaneutralen Betrieb müssen daher transparent und nachvollziehbar festgelegt werden. Dafür braucht es allerdings geeignete Rahmenbedingungen. „Denn nur mit einer effizienten, klimafreundlichen, zuverlässigen und leistungsfähigen Rechenzentrums-Infrastruktur lassen sich die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken sowie gleichzeitig Nachhaltigkeits- und Klimaschutzziele erreichen“, hebt Seiche zusätzlich hervor.
In Deutschland beispielsweise unterstützen Rechenzentrums-Betreiber die Forderung nach einheitlichen Maßstäben für Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Allerdings gibt es noch keine einheitliche Basis. Aus diesem Grund besitzen 99 Prozent der deutschen Rechenzentren keine entsprechende Zertifizierung – obwohl sie schon mancherorts nachhaltig und klimaeffizient arbeiten. Grund hierfür ist, dass bislang eine moderne, zielgerichtete und nicht auf Ausgrenzung, sondern auf eine nachhaltige Optimierung ausgerichtete Zertifizierungsmöglichkeit gefehlt hat.
Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung mittels Zertifizierung
In der Öffentlichkeit rücken Rechenzentren immer mehr in den Fokus des Interesses, wenn es um die Punkte Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit der IT-Branche geht. Nicht nur der Stromverbrauch ist hier ein Thema, sondern auch die sinnvolle Nutzung der Abwärme, die allzu oft noch wirkungslos in die Atmosphäre abgegeben wird, anstatt sie etwa in einen Wasserkreislauf zu übertragen und das erwärmte Wasser für Heizsysteme wie Fernwärmenetze nutzbar zu machen. Auch um diese Potenziale künftig sichtbar zu machen, bietet TÜV Rheinland nun die Nachhaltigkeitszertifizierung „Sustainable Data Center“ an.
Die Zertifizierung ist eine umfassende Möglichkeit für Unternehmen und die öffentliche Hand, sich bestätigen zu lassen, dass ihre Rechenzentren hohe Standards in Bezug auf Energieeffizienz, Ressourcenschonung und CO₂-Emissionsausstoß erfüllen. „Diese Bescheinigung ist ein wichtiger Baustein für die nachhaltige Entwicklung der Rechenzentrums-Branche“, betont Seiche. „Denn sie bestätigt, dass die Unternehmen den Herausforderungen der digitalen Transformation begegnen und gleichzeitig verantwortungsvoll mit den begrenzten Ressourcen umgehen.“ Darüber hinaus macht die Zertifizierung einen weiteren Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Denn dadurch werden auch andere Unternehmen ermutigt, sich denselben Standards anzupassen und somit ebenfalls einen großen Beitrag zu einer Entwicklung in Richtung Klimaneutralität beizusteuern. Um diese Motivation von Unternehmen zu stärken, RZs künftig nachhaltig auszurichten und sich dies von extern bestätigen zu lassen, soll das Nachhaltigkeitszertifikat auch im Rahmen einer Roadshow des TÜV Rheinland vorgestellt werden, die im ersten Quartal 2023 in Köln, Hamburg, Nürnberg und Berlin stattfinden wird.
Strukturiert und planbar
Der Weg ist jedoch noch lang: Bis zum Jahr 2027 müssen alle Rechenzentren in Deutschland nachhaltig und klimaneutral betrieben werden. Für die meisten Betreiber ist dies eine Herkules-Aufgabe, denn viele von ihnen wissen nicht, wie es um ihren Ist-Zustand bestellt ist. „Deshalb benötigen Rechenzentren und die IT-Infrastruktur genaue Kenntnisse über ihren Status Quo in Bezug auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz“, so Seiche. Nur so erkennen Betreiber, was sie in Bezug zur Einhaltung des neuen Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) angehen müssen oder ob sie vielleicht schon alle Kriterien erfüllen. Des Weiteren ergeben sich zusätzliche Einsparpotenziale, die vor allem in Zeiten steigender Kosten für Energie von immenser wirtschaftlicher Wichtigkeit für die Betreiber sind.
Die Zertifizierung läuft strukturiert und planbar für die Rechenzentrums-Betreiber ab. In einem Erstgespräch erfolgt die des Zertifizierungsprojekts und über den Standard hinausgehende individuelle Wünsche des Kunden werden zusätzlich aufgenommen. Beim Audit vor Ort werden auf Basis der Kriterien des Standards TÜV Rheinland „Sustainable Data Center“ alle Bereiche untersucht und die Mitarbeiter mit einbezogen.
Die Prüfung ist in fünf Bereiche untergliedert. Im allgemeinen, ersten Teil wird der Standort näher unter die Lupe genommen. Hier werden Fragen wie „Wird eine Nachhaltigkeitsstrategie (Environmental, Social und Governance) umgesetzt?“ beantwortet und die Errichtung und Bauweise sowie Aspekte zu Boden und Biodiversität des Rechenzentrums untersucht.
Auswertung und Zertifizierung in ausführlicher Form
Ein zweiter Teil beleuchtet die Informations- und Kommunikationstechnik. Hier werden Management-Systeme und Hardware-Effektivität sowie Energieeffizienz einzelner IT-Komponenten und Applikationen untersucht. Weiter analysieren die TÜV-Auditoren die Erfassung und Auswertung der IT-Last (ITEUSEV). Im dritten Teil geht es um die Elektro- und Klimatechnik. Hierunter fallen Aspekte wie die aktuelle Leistungsbilanz, die Bauart der Kühltechnik sowie deren Effizienz und die Energieverteilung. Im Bereich Energie und Abwärme wird der Gesamtenergiebedarf und die regenerativen Energien betrachtet. Das Thema „Energieeinsparung und Wiederverwendung der zugeführten Energie“ ist ein weiterer Teil der Untersuchung – genauso wie das Potenzial der Abwärme und deren Gebrauch. Im fünften Prüfpunkt werden dann der Standort und die Wassernutzung, der Klimaschutz und das CO₂-Management sowie Qualitäts- und Prozessmanagement fokussiert.
„Es folgt abschließend die Auswertung der Ergebnisse in detaillierter Form. Zudem erhält der Betreiber einen Nachhaltigkeits-Pass mit einer Übersicht des Status Quo und der Handlungsfelder“, sagt Seiche. Daraufhin wird für das Rechenzentrum ein Zertifikat vom TÜV Rheinland ausgestellt, das auch für Marketing sowie die Innen- und Außenwerbung genutzt werden kann. „Später können dann weitere Audits folgen, um beispielsweise den Maßnahmenerfolg zu überprüfen oder eine kontinuierliche Verbesserung nachzuweisen“, fügt High Knowledge-Geschäftsführer Knopf hinzu.
Mit Zertifizierung nachhaltige Ziele erreichen
Rechenzentren sind der Motor der Digitalisierung; ihre Zahl wird aufgrund der steigenden Rechen- und Speicherleistung in naher Zukunft immer mehr ansteigen. Schon heute gibt es über 50.000 Rechenzentren – davon 3.000 große Zentren – in Deutschland. Um die Leistungsfähigkeit in puncto Nachhaltigkeit und Klimaneutralität zu steigern, muss allerdings noch viel unternommen werden. Die Zertifizierung von TÜV Rheinland – konzipiert in Zusammenarbeit mit High Knowledge aus Köln – ist hierbei ein wichtiger Schritt, um diese Ziele zu erreichen, Nachweise darüber zu erhalten und schon heute zu erkennen, was dafür noch weiterhin zu tun ist.
Autor: Thomas Meiler, Journalist für Wordfinder